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Bis ins kleinste Detail durchdacht und ausgefeilt

Irgendjemand hätte die hölzernen Blumenkübel rasch abgeschliffen, ausgebessert und lackiert. Nicht so Paul: Er hat sich den Gefässen und ihrer ganz besonderen Geschichte über viele Monate in der betriebseigenen Schreinerei der Arche Therapie Bülach hinweg angenommen.

Jahrelang begrüssten die drei hölzernen Blumengefässe Besuchende der Arche Therapie Bülach; erst stolz und würdig, dann, Wind und Wetter ausgesetzt, sichtlich vom Zahn der Zeit gezeichnet. Bis vergangenen September, als Paul, beschloss, sich ihnen im Rahmen seines Projektes in der Arbeitstherapie anzunehmen. Eigentlich war geplant, dass die Tröge gemeinsam mit dem Arbeitsagogen Christian Fehr als Schreinerarbeit repariert werden sollten, aber Paul sah das anders: Er wollte sie nicht einfach flicken, er wollte ihnen ein neues Leben geben. Im September vergangenen Jahres begann er mit enormem Engagement seine Arbeit. Seit ein paar Wochen erstrahlt nun der erste Trog in wortwörtlich neuem Glanz. In einem ersten Schritt hat er die drei Holzgefässe in ihre 96 Originalteile zerlegt, jedes davon abgeschliffen, dann mit Spachtelmasse sämtliche Schäden ausgebessert. «Danach habe ich im Internet verschiedenste Farbkonzepte und Schriften recherchiert» erzählt er und zeigt stolz den ersten, fast fertigen Kübel, der in Rot und Grau auf einem Tisch steht. Er schätzt, dass in zwei Monaten der zweite ebenfalls so weit sein dürfte, dann werde er den dritten und letzten in Angriff nehmen. 

Wer Paul in der Schreinerei besucht, wo er jeden Vormittag sowie am Mittwoch-Nachmittag arbeitet, wird zuerst von seinem Hund Django willkommen geheissen, der dem früheren Kundenmaurer seit acht Jahren kaum von der Seite weicht. Im Gespräch erzählt der freundliche, grossgewachsene Paul, warum ihn seine Tätigkeit in der Werkstatt erfüllt: «Ich schätze die Arbeit mit Holz, sie beruhigt mich.» 

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Jeder Buchstabe des Arche-Logos ist bis ins kleinste Detail perfekt ausgearbeitet. 
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Paul zeigt seine ausgedruckte Internetrecherche zu Logo-Form und Farbkonzept.
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Der erste Holzkübel ist fast fertig – vorerst noch kopfüber in der Werkstatt. 

Der traurige Hintergrund als zusätzlicher Ansporn 
Die traurige Geschichte, die hinter den Blumenkübeln steckt, hat ihn noch mehr angetrieben, alles perfekt zu machen: «Durch den tragischen Hintergrund hat sich meine Motivation zusätzlich verstärkt. Der Anspruch an mich selbst ist noch grösser geworden, eine Toparbeit abzuliefern. Ausserdem mag ich gerne filigrane Dinge, ich kann mich in ihnen verlieren. Dass es nun eine so grosse Sache wurde, hat sich einfach ergeben.» Ursprünglich waren die Behälter roh und unbehandelt; heute sind sie imprägniert, behandelt, mit Farbe lackiert und haben einen neuen Sockel erhalten. Könnte der Erbauer, der vor einigen Jahren bei einem verhängnisvollen Badeunfall in den Ferien ums Leben kam, das Resultat sehen, wäre er bestimmt sehr zufrieden! Es ist Paul wichtig, dass der Charakter unbedingt erhalten bleibt, auch wenn er nun einiges geändert habe. Zum Dank plant er, als Würdigung auf dem grössten der drei Kübel eine Widmung anzubringen. «Mein Ziel ist es, dass die Tröge dann wieder 15 bis 20 Jahre halten.» 

Was Paul macht, ist eigentlich Kunst! 
Paul geniesst es, auch im Rahmen der Kunsttherapie ungestört in der Schreinerei arbeiten zu können: «Hier habe ich meine Ruhe, ich kann vor mich hinarbeiten und schaue dabei auch nicht auf die Uhr; oft bin ich länger dran, als ich eigentlich müsste. Es ist mir egal, ich mache es gern. Mein Ziel ist es, die Arbeiten im Sommer oder Herbst abzuschliessen. Danach möchte ich mich neu orientieren», erklärt er und nimmt sich erneut Trog Nr. 2 an, der zerlegt vor ihm auf der Werkbank liegt. Mit viel Hingabe streicht er mit Spachtelmasse die noch so kleinste Unebenheit in einer der vier Seitenwände aus. 

Peter Meyer, Kunsttherapeut in der Arche Therapie Bülach, der Paul in wöchentlichen Gesprächen beratend zur Seite steht, lobt denn auch das immense Engagement. Er sagt, die Projektarbeit mit den Trögen sei in Kooperation mit Arbeits- und Kunsttherapie perfekt aufgehoben – Paul könne so freier arbeiten und müsse nicht nach einer fixen Planung «abliefern», was dem behäbigen Ex-Maurer sehr entgegenkommt.