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Was tun, wenn Kinder Schimpfwörter benutzen?

Schimpfwörter, Kraftausdrücke und Fäkalsprache üben auf Kinder einen Reiz aus, der für viele Erwachsene eine Herausforderung darstellt. Im Rahmen einer Fachdiskussion konnten Eltern ihre Erfahrungen untereinander austauschen und dabei einiges voneinander lernen.

Ein normaler Mittwoch im Begegnungsraum der Arche Für Familien an der Zeughausstrasse in Zürich. Es ist 13 Uhr und es riecht fein nach Essen. Mütter, Kinder, Freiwillige und Mitarbeiter:innen stehen bunt gemischt bei der Essensausgabe an. Heute gibt es zweierlei Pastetli, mit Fleischkügeli- oder Pilzsauce, dazu Reis, Gemüse und Salat – alles frisch gekocht von Freiwilligen. Klein und Gross fühlen sich hier schnell wohl und gut aufgehoben. Und so wird auch an diesem frühen Nachmittag angeregt miteinander geplaudert, gegessen und gespielt.

Programm für Eltern, Bezugspersonen und Kinder
Der Mittwochstreff beginnt meistens mit einem gemeinsamen Mittagessen in der Arche Für Familien. Dabei soll es aber nicht bleiben. Während die Kinder unter geduldiger Anleitung Zopfteig-Tierli formen und backen, ziehen sich die Begleitpersonen der Kinder – heute sind es, wie meistens, ausschliesslich Mütter – nach dem Zmittag zusammen mit Dörte Wurst von der Suchtpräventionsstelle der Stadt Zürich in einen Besprechungsraum zurück. Sie ist zuständig für die Lebensphase «Frühe Kindheit». Ziel des heutigen Nachmittags ist es, die Erziehungskompetenz der Anwesenden im Umgang mit den verschiedenen Emotionen gegenüber ihren Kindern zu stärken. Die Mütter bekommen Ideen, wie Kinder eine geeignete Emotionsregulation bei Frust oder Langeweile etc. erlernen können. Eine erfolgreiche Regulation von Emotionen gehört zu Schutzfaktoren, welche Kinder stark machen für das Leben.

Die Fachdiskussion zum Thema Schimpfwörter stösst auf regen Anklang. Neun Teilnehmerinnen sind heute mit dabei, darunter auch die Frau, die sich das Thema gewünscht hat. Die sich schnell entwickelnde Diskussion ist ergiebig. Neben den Fachinputs von Dörte Wurst, profitieren die Mütter auch gegenseitig voneinander, denn alle haben ihre eigenen Erfahrungen und Umgangsstrategien zum Thema. Und so macht der Austausch konkreter Beispiele den Hauptteil der fast eineinhalb Stunden dauernden Diskussion aus.

Reden über Gefühle
Zusammen mit den Teilnehmerinnen entwickelt Dörte Wurst die wichtigsten Merkpunkte im Umgang mit Schimpfwörtern. Es ist sehr wichtig, nicht primär mit Verboten zu arbeiten. Damit wird die emotionale Ausdrucksfähigkeit der Kinder lediglich eingeschränkt, aber nicht gefördert. Vielmehr sollte man die kundgetanen Gefühle beleuchten, die hinter dem Schimpfen stehen. Wie fühlt sich das Kind? Je nach Alter und sozialer Entwicklung ist hier ein Gespräch auf Augenhöhe angebracht. Zusammen können auch alternative Ausdrucksformen besprochen und vereinbart werden.

Wörter können verletzen
Gemeinsam Alternativen für verbale Gefühlsregungen zu besprechen, bietet sich an, wenn das Kind Schimpfwörter vor allem in der eigenen Sprache nutzt, nicht aber, um jemanden damit anzusprechen. Flucht das Kind direkt andere Menschen an, wird empfohlen, den Zusammenhang von Worten und ihrer Wirkung gemeinsam anzuschauen. Sobald sich die Aussagen auf ein Gegenüber beziehen, wird die Sache anspruchsvoller und schnell können Worte verletzend sein und belastende Dynamiken in den Beziehungsgefügen entstehen. Eine Anwesende erzählt der Gruppe, dass ihr die Tochter eines Abends nach der Kita unvermittelt ein heftiges Schimpfwort ins Gesicht sagte. In solchen Situationen soll das Kind auch verstehen lernen, dass solche Aussagen beim Gegenüber schlechte Gefühle verursachen. Das Kind braucht diese Rückmeldung, vielleicht nicht unmittelbar - da ist es je nach dem angebrachter, dass sich alle Involvierten erst einmal beruhigen – aber es braucht verlässlich eine Klärung im vollen Respekt für sich selbst und für das Kind und mit der nötigen Zugewandtheit. Und davon profitieren schliesslich sowohl die Kinder, wie auch die Erwachsenen. Und nach dem kurzweiligen Erfahrungsaustausch gehen alle gestärkt und angeregt zurück zu den Kleinen, wo die fertig gebackenen Zopfteig-Tierli gemeinsam bestaunt und genossen werden können.

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